Höll: Wer braucht ein Steinkohlekraftwerk in Lubmin?

Den Argumentationen der Befürworter eines Steinkohlekraftwerkes (SKW) in Lubmin möchte ich eigene persönliche Überlegungen gegenüberstellen – „ohne Hass und Leidenschaft“, wie das Motto der Historiker lautet. Von Befürwortern wie Gegnern nicht bestrittene Ausgangsfakten sind: 
- Steinkohle ist diejenige Energiequelle, die von allen am meisten Luftverschmutzung verursacht
- neue Kernkraftwerke sind in Deutschland politisch nicht mehr möglich
- erneuerbare Energiequellen alleine reichen gegenwärtig nicht als Ersatz aus
- die produzierte Energie ist nicht für den lokalen und regionalen Bedarf gedacht, für Kraft-Wärme-Kopplung gibt es keinen Abnehmer, das Werk wird für 40 Jahre Betrieb projektiert.
 
Fragen und Antworten

1. Wir brauchen noch fossile Energiequellen
Ja, aber sind nicht die anderen ausreichend, unter der Berücksichtigung ständig neuer Technologieentwicklungen zur Erschließung erneuerbarer Energiequellen und zur Energieeinsparung? Was ist, wenn sich in zehn oder zwanzig Jahren zeigt, dass die dann vorhandenen Technologien SKW überflüssig machen?

2. Der Standort Lubmin ist Industrie- und Energiestandort
Ja, aber warum genügen nicht die geplanten beiden Gaskraftwerke, die übrigens schon weit vor dem Projekt der Gasleitung im Gespräch waren und von deren Bau auch Dong ausgeht? Ein SKW wurde im vorliegenden Konzept, das noch von der SPD/PDS-Regierung verabschiedet wurde, nicht ausgeschlossen, das stimmt, aber es wurde auch nicht explizit gefordert. Ein Nicht-Bau eines SKW würde also nicht gegen das Konzept verstoßen.

3. Das SKW ersetzt ältere Kraftwerke
Eine sehr allgemeine Aussage. Auf die konkrete Nachfrage, welches denn für das SKW Lubmin abgeschaltet werden solle, kam die Antwort, dass das natürlich nicht in der Verantwortung von Dong liege! Und außerdem: wird dann nicht am alten Standort, da, wo die Energie jetzt schon benötigt wird, sowieso ein neues gebaut, wie es z.B. in Berlin-Klingenberg geplant ist?

4. Die Region braucht Arbeitsplätze
Ja, aber geht die Rechnung auf, wenn man Investitionssumme und Nebenwirkungen den 140 Arbeitsplätzen im Werk und die gleiche Zahl bei Zulieferern gegenüberstellt? Und woher kommen die Spezialisten, die ein solches Kraftwerk bedienen? Sind nicht viele andere Branchen an diesem Standort denkbar, die mindestens ebenso viele Arbeitskräfte beschäftigen und Zulieferer binden, aber „sauberer“? Nach Aussage der EWN gibt es genügend Bewerber für die Flächen.

5. Der Bau bringt der regionalen Wirtschaft Aufträge
Ein zumindest blauäugiges Argument, denn wer kann schon jetzt Aufträge zusagen, wenn die Ausschreibung europaweit erfolgen muss? Und wie hoch ist der Anteil solcher Arbeiten, die keine spezielle Qualifikation erfordern und örtlich vergeben werden können?

Bleibt festzustellen: Die Region braucht Arbeitsplätze, ja. Dabei ist jedoch ein SKW eine der uneffektivsten und zugleich „schmutzigsten“ Lösungen, die dadurch außerdem bestehende Arbeitsplätze im Tourismus gefährdet. Ein vergleichbares Gaskraftwerk würde z.B. nur halb soviel Schadstoffe freisetzen.

Fazit: Wenn also weder die Region noch das Land unbedingt ein Steinkohlekraftwerk braucht und aus diesem einen Nutzen in Gestalt von Arbeitsplätzen nur zu einem sehr hohen und letztlich langfristig wirtschaftlich nicht vertretbaren Preis schafft, bleibt nur ein einziger unbestreitbarer Nutznießer übrig, der einen idealen Standort bekommt, den es so wohl in ganz Europa kaum noch gibt: Dong Energy.

Text: Rainer Höll

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